Campact e.V. || Förderung einer Kampagne zur Reinhaltung des Saatguts (Förderzeitraum: 2011) || Für Verunreinigungen von Saatgut mit gentechnisch veränderten Organismen gilt bislang eine „Nulltoleranz“. Die Saatgut-Industrie verlangt seit langem eine Abkehr von dieser strengen Regelung, nicht zuletzt, weil sie mit hohen Kosten für die Industrie verbunden ist und die Einführung der Gentechnik erschwert. Diesem Anliegen der Industrie hatten sich im Bundesrat die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg angeschlossen und einen Antrag zur Aufweichung der Saatgutreinheit gestellt. Die geltende Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut solle per Verordnung durch eine „für alle Wirtschaftsbeteiligten praktikable technische Lösung“ abgelöst werden. Im Agrarausschuss des Bundesrates fanden die Länder am 28. Februar 2011 noch eine Mehrheit für diesen Vorstoß, der eine schleichende Kontamination von Saatgut bewusst in Kauf nimmt.
Daraufhin bildete sich kurzfristig ein breites Bündnis von Landwirtschafts-, Umwelt- und andern Bürgerorganisationen, gentechnikfreien Regionen und Unternehmen, das vom Kampagnen-Netzwerk Campact zusammen mit der Initiative „Save Our Seeds“ koordiniert wurde. In nur acht Tagen wurden 65.000 Unterschriften gesammelt und den Ländervertretern überreicht. Die 42 Organisationen und Initiativen fordern, weiterhin jede gentechnische Verunreinigung von Saatgut zu verhindern, verpflichtende Selbstkontrollen für Saatguterzeuger einzuführen und Saatgut unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen, wenn darin gentechnische Verunreinigungen festgestellt werden; egal in welcher Konzentration. Für die Kosten müsse das Verursacherprinzip gelten. Mitglieder des Bündnisses hatten u.a. in Bremen, Hamburg, Hannover, Schwerin, Gießen und Stuttgart demonstriert.
Die Kampagne war ein voller Erfolg: Am 18. März 2011 wurde im Bundesrat der Antrag, die bisherige Nulltoleranz für die gentechnische Kontamination von Saatgut durch eine „technische Lösung“ zu ersetzen, mehrheitlich abgelehnt. Der statt dessen vom Bundesrat angenommene Antrag fordert im Sinne des Bündnisses, es müsse „im Gentechnikgesetz unmissverständlich klargestellt werden, dass für die Reinheit von Saatgut einzustehen hat, wer es einführt oder sonst erstmals in den Verkehr bringt“. Abgesehen davon, dass der Versuch, statt der konsequenten Nulltoleranz bei GVOs im Saatgut eine „technische Lösung“ hoffähig zu machen gescheitert ist, hat die Aktion bewirkt, dass sich alle Bundesländer und Parteien (bis auf die FDP) klar zum Reinheitsgebot für Saatgut bekannt haben. Das ist wichtig. Denn die Gentechnik-Lobby dringt nicht nur bei den Ländern, sondern auch beim Bund und vor allem bei der EU-Kommission auf die Einführung sogenannter Grenzwerte, die noch weit über die heute verhinderte „technische Lösung“ hinausgehen. Dass Deutschland derartige Grenzwerte auf EU-Ebene unterstützt ist nun sehr viel unwahrscheinlicher geworden.
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Kontakt: Astrid Goltz, Campact e.V. (goltz@campact.de)